Felsen

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Steinig, steil und heiß! – Leben am Rande des Möglichen

Felsen, Steilwände und Steinbrüche (also vom Menschen geschaffene Felswände) sind Lebensräume besonderer Art. Sie ragen nicht nur kahl und imposant aus der Landschaft heraus, sie sind geradezu extrem: Im Sommer unangenehme Oberflächentemperaturen bis 70°C, im Winter Frost und Eis, ständige Dürreperioden, starke Winde, prasselnder Regen, Sturzfluten, Steinschlag, kaum Erde und Nahrung... Lebensgefährlich! Lebensfeindlich? Eine Wohnlage, die nur etwas für solche Lebewesen ist, die hart im Nehmen und vor allem anpassungsfähig sind. Das „herausragende“ Gesteinsmassiv hat aber auch Vorteile: Felsen bieten meistens viel Licht, was einigen Pflanzen entgegenkommt, und freie Sicht bzw. freien Anflug für so manche Tierart.
In der Felswand des ehemaligen Stingenberg-Steinbruchs leben seltene Pflanzen wie Brillenschötchen, Dachwurz, Färberwaid, Feldbeifuß und die hochgradig gefährdeten Kelch- und Berg-Steinkräuter, die mit Hitze und Trockenheit zurechtkommen und sich auf kleinen Vorsprüngen festkrallen.
Am Fuß der Wand sammeln sich die bis heute herabfallenden Gesteinsbrocken, welche ein Lückensystem bilden. In dieser Blockschutthalde fühlen sich landesweit seltene Arten wie Mauereidechse, Westliche Beißschrecke und Steppengrashüpfer wohl.
Die Felsen des Ennerts sind die nördlichsten Wärme-Inseln des Mittelrheintals, das hier in die Flachlagen der Kölner Bucht übergeht. Wie Insulaner leben die genannten und weitere besondere Arten hier – am Rande des Möglichen.

Die Steinbrüche im Ennert: Damals und heute

Der Basaltabbau begann in den 1830er Jahren. Durch den steigenden Bedarf an haltbaren Pflaster- und Mauersteinen entstanden aus kleinen, versteckten Felsstürzen im Wald große Freiflächen und kahle Gesteinsformationen. Landschaftsbild und Vegetation wurden durch zahlreiche Steinbrüche (z. B. Berghovener Lay, Dornhecke, Stingenberg, Rabenlay, Rauchloch) stark verändert. Bis in die 1960er Jahre gab es in Oberkassel sogar noch Weinbau, so dass die Region durch kahle Hänge geprägt war, die wir uns heute hier kaum mehr vorstellen können. Etliche Tier- und Pflanzenarten wanderten in die neu geschaffenen Lebensräume ein.
Nach rund 100 Jahren war die Zeit der Basaltindustrie Oberkassels vorüber, die Gebiete wuchsen zu. Waldflächen und Kulturland wurden dann in den 1980er Jahren durch den Neubau der B42 nochmals verändert. Seitdem hat der Wald Hänge und Steinbrüche zurückerobert. Für viele seltene Arten der Felsen und Offenlandflächen ist der Lebensraum wieder kleiner geworden. Damit die von Wald und Straßen eingeschlossenen „Inselbewohner“ überleben können, führen die Biologische Station Bonn/Rhein-Erft, das Regionalforstamt Rhein-Sieg-Erft und die Stadt Bonn Pflegemaßnahmen durch. Nach Gehölzrückschnitt und Fällen von Bäumen erhalten die Hänge wieder mehr Sonne und Wärme, so dass auch ein passendes „Inselklima“ herrscht.

Gefahr!

Damals wie heute kommt es regelmäßig zu Steinschlag und Felsstürzen. Das Verlassen der Wege und der Aufenthalt im Bereich der Felsen ist lebensgefährlich und ebenso verboten wie das Klettern. Und bitte daran denken: Wir befinden uns in einem Naturschutzgebiet, Pflanzen und Tiere brauchen Rückzugsräume.